Komponist und Dirigent in der Heimat
Wien 1895–1911 II

„Alles wär schön auf der Welt – wenn’s keine Operetten gäbe.”
Zemlinsky, 1902

Sein erstes festes Engagement als Dirigent trat Zemlinsky im Juni 1900 am Carltheater an, der neben dem Theater an der Wien führenden Operettenbühne Wiens. Er blieb dort für drei Spielzeiten, in denen er insgesamt 16 Operetten einstudierte. Danach wirkte Zemlinsky für eine Spielzeit am Theater an der Wien. Das anspruchsvolle Repertoire konnte er jedoch erst bei seinem folgenden Engagement betreuen, das ihn 1904 als Ersten Kapellmeister an die Volksoper führte. Das Theater setzte seinen Schwerpunkt auf das deutsche Repertoire, doch unter Zemlinskys Leitung fanden auch bemerkenswerte Aufführungen französischer Opern von Gounod, Auber, Halevy, Thomas, Meyerbeer und Dukas statt.

Das Engagement an der Volksoper wurde 1907 unterbrochen: Mahler, der 1900 die Uraufführung von Zemlinskys zweiter Oper „Es war einmal” an der Hofoper geleitet hatte, holte ihn als Kapellmeister an sein Haus. Doch als sich zwischen seinem Nachfolger Felix Weingartner und Zemlinsky unlösbare Spannungen einstellten, kehrte Zemlinsky 1908 – nun als Gastdirigent – an die Volksoper zurück, wo er 1910 seine auf dieses Haus zugeschnittene Oper „Kleider machen Leute” (1907–09) uraufführen konnte.

Trotz der enormen Arbeitsbelastung als Dirigent war Zemlinsky kompositorisch in diesen Wiener Jahren in allen Gattungen sehr produktiv. Neben vier Opern entstanden wichtige Werke der Kammermusik wie das Klarinetten-Trio (1896) und das 1. Streichquartett (1896), der Orchestermusikwie die B-Dur-Sinfonie und die sinfonische Dichtung „Die Seejungfrau“ (1902–03), ein unvollendetes Ballett „Der Triumph der Zeit” nach Hofmannsthal (1901–04) sowie Vokalwerke wie mehrere Liederzyklen, die „Vier Gesänge” nach Maurice Maeterlinck (1910) und der „23. Psalm” für Chor und Orchester (1910).